Gerade in östlichen Staaten ist es üblich, dass die Gesellschaft auf Gemeinschaft baut, was in erster Linie nicht schlecht sein muss. Gerade in Sri-Lanka ist man bei großen Anschaffungen und Festen wie z.B. einem Tempelfest, auf die Hilfe der Mitmenschen im Dorf angewiesen. Was ursprünglich eine gute Funktion hat, bringt auch seine Schattenseiten mit sich: Das enge Zusammenleben dort auf die westliche Welt übertragen, heißt, sich gesellschaftlichen Maßstäben anpassen zu können. Sei es der Kleidungsstil, die Lebensart oder das Verhalten Anderen gegenüber. Zwar wird auch die tamilische Gesellschaft immer offener, aber dennoch begegnet man hier und da wieder Menschen, die besser wissen, was für einen gut ist als man selbst. Nicht immer hat man dabei das Selbstbewusstsein, den eigenen Kopf durchzusetzen.
Psychologische Studien haben immer wieder herausgefunden, dass zwischenmenschliche Beziehungen sogar wichtig für unsere Existenz sind. Im Alltag haben wir immer wieder Momente wo wir mit Menschen zusammenkommen: Beim Essen, Verabredungen, im täglichen Leben etc. Sich gesellschaftlich angepasst zu verhalten ist sogar an manchen Stellen erwünscht: Manieren am Tisch, Kleiderordnung bei bestimmten Festen usw. Was passiert aber, wenn wir unser Leben ohne Ausnahme so gestalten, wie es sich andere wünschen? Einerseits brauchen wir die Mitmenschen, um glücklich zu sein und anderseits wollen wir dafür geliebt werden, wer wir sind. Nicht immer lässt sich beides miteinander vereinen.
Wenn wir einer selbstbewussten Person begegnen, strahlt sie Stärke und Eigenwillen aus. Sie lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen und lebt nach ihren eigenen Vorstellungen. Manchmal wünschen wir uns, eine Scheibe von ihr abschneiden zu können, aber dann taucht sie wieder auf: die Angst, dadurch nicht gemocht zu werden.
Ich würde mich selbst als sehr selbstbewusst bezeichnen. Aber ich war nicht immer so: Während ich in der Kindheit sehr selbstbewusst war, ging es in der Schulzeit bergab damit. Gerade in meiner Abiturzeit war ich eher ein graues Mäuschen. Zwischendurch gab es sogar Gespräche mit meinen Eltern, weil ich mich nicht am Unterricht beteiligte. Ich traute mich einfach nicht. Nach meinem Abitur baute ich Stück für Stück mein Selbstbewusstsein wieder auf.
„Ich lernte, dass ich so sein darf wie ich bin und mich noch alle wichtigen Menschen mögen.“
Meiner Meinung nach gibt es kein Patentrezept, wie man selbstbewusster wird. Von „Regeln“, um mehr Selbstbewusstsein aufzubauen halte ich nicht viel, denn ich denke, dass es damit einhergeht, sich selbst treu zu sein und die Meinung Anderer an zweiter Stelle zu stellen. Etwas zu unterlassen oder zu tun, weil man dadurch nicht gemocht werden kann, ist der falsche Weg, denn ihr stellt das Glück von Anderen über euer eigenes und das wird euch langfristig nicht glücklich machen. Klar abzugrenzen sind an dieser Stelle natürlich nahestehende Personen wie die Familie von total fremden Leuten. Wieso ist es uns selbst bei Fremden so wichtig, gut dazustehen?
Was ich gelernt habe ist, dass Menschen immer reden werden – egal was man tut. Sei es, weil man Kleidung trägt, die nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht oder sich so verhält, wie es nicht vorgesehen ist. Selbst, wenn man sich so verhält wie es andere Tamilen erwarten, finden sie einen Weg über dich zu reden. Wenn es nichts zu reden gibt, erfinden sie gerne auch mal etwas.
„Eine grundsätzliche Antipathie kann selbst nicht mit dem best-angepassten Leben kaschiert werden.“
Wer über dich reden will, wird immer Wege finden. Dabei spielt es keine Rolle, ob du immer brav nach Vorschrift gelebt hast oder dein eigenes Ding durchgezogen hast. Manche werden an dieser Stelle sagen, dass es eine Rolle spielt wie man sich verhält.
Ich denke aber gerade Neid und Missgunst führen dazu, dass bei uns in der Gesellschaft versucht wird, Mitmenschen durch das Gerede zu „entwerten“. Ich weiß noch als ich damals mit damaligen „Freunden“ über zwei bestimmte hübsche Mädchen bei Instagram redete. Von einem kam tatsächlich der Spruch:
„Ach das sind doch Schlampen. Die sind richtig schräg drauf.“
Ein Glück habe ich nichts mehr mit diesen Menschen zu tun, aber wie kann es sein, dass jemand Fremdes so abfällig über eine Person redet, obwohl er sie nicht kennt? Ist es nicht schrecklich, dass jemand in eine Schublade gesteckt wird, obwohl sie genauso eine liebenswerte Person sein kann wie du und ich? Ich habe es mir damals damit erklärt, dass die beiden Mädchen entwertet werden sollten. Weil sie anders lebten, als unsere Gesellschaft es vorgibt oder weil man merkt, dass man auf keiner gemeinsamem Ebene ist.
Die meisten Menschen jedoch, kümmern sich viel weniger darum, was wir tun, als wir denken. Wir kennen das alle selbst: der stressige Job, die Kinder, der Partner, Freunde, Familie, Hobbys, Studium – alles Bereiche, die die Aufmerksamkeit erfordern. Wenn wir uns dann auch noch täglich mit dem Leben von Fremden beschäftigen würden, wären wir gar nicht mehr in der Lage, unser eigenes auf die Reihe zu bekommen. Deshalb gilt es, sich öfter man entspannt zurückzulehnen und sich keine Gedanken darüber zu machen, was jemand wohl sagen mag.
Ich muss zugeben, dass auch ich bis vor 10 Jahren voreilig Menschen eingestuft habe. Erst nach und nach habe ich gelernt, dass man keine voreiligen Schlüsse ziehen sollte, wenn man jemandem begegnet. Früher oder später wird das Gesagte auf einen selbst zurückfallen, denn der Inhalt sagt mehr über einen selbst aus als über die andere Person. Mir ist aufgefallen, umso weniger Selbstbewusstsein ich selbst hatte, umso voreiliger war ich, andere in eine Schublade zu stecken.
Das Ziel von allen gemocht zu werden, ist unmöglich. Zwar ist es möglich tendenziell mehr oder weniger von anderen gemocht zu werden, aber verlieren wir uns nicht dadurch selbst? Wenn du dir selbst treu bleibst, ist es unmöglich, von allen gemocht zu werden. Das heißt, man muss sich je nach Situation verstellen.
Als ich diesen Blog angefangen habe, habe ich den Fehler gemacht, mich zu bemühen, alle Perspektiven miteinzubeziehen. Als ich dann eine Konversation mit jemandem hatte, der meinen Schreibstil und meine Denkweise gut kennt, gab sie mir zu denken, dass mein eigener Stil nicht durchkommt, weil ich es „allen Recht machen“ will. Mit dem Ziel, vielen zu gefallen, gefiel ich letztendlich keinem so richtig. Und das ist es auch, was wir im realen Leben brauchen: Charakter. Damit, dass du zeigst, wer du bist und welche Werte du verfolgst, ziehst du gleichartige Menschen an. Sie werden dich dafür lieben, wie du bist.
„It’s impossible to be everybodys darling.“
Das letzte Beispiel zeigt, dass wir die Meinung Anderer zwischendurch unterbewusst mit einbeziehen. Die Angst, anderen nicht zu gefallen, wird man also nie ganz ablegen können. Vor Augen führen sollte man sich aber, dass man gerade bei wichtigen Entscheidungen im Leben wie der Karriere (siehe meinen Artikel „Mama, ich möchte aber nicht Arzt werden.“ – Die Lücke zwischen unserer Vorstellung und der unserer (tamilischen) Eltern bei der Jobwahl), auf sein Bauchgefühl hören sollte.
Mitmenschen spüren es, wenn du dich verstellst, um ihnen zu gefallen. Sie werden dich dann vielleicht mögen, aber nie zu dir diese Nähe aufbauen können, die jemand zu dir hat, WEIL du so bist wie du bist. Menschen mit Ecken und Kanten werden gemocht, weil sie authentisch wirken. Ein Mensch, der gesellschaftlich angepasst ist, wird zwar als „nett“ wahrgenommen, aber er ist auch irgendwie durchsichtig, weil der Charakter sich ständig wie ein Chamäleon sich den äußeren Umständen anpasst.
Gute Freunde und Menschen, die dich lieben wie du bist machen dich wiederrum selbstbewusster, weil du dich bestätigt fühlst. Nur für Andere zu leben, kann also sogar ein Teufelskreis sein. Indem du nie so richtig weißt, wer du bist, wissen deine Mitmenschen auch nicht, wen sie mögen sollen. Dadurch ziehst du weniger enge Freundschaften in den Leben und steigerst dich immer weiter in die Angst hinein, nicht gemocht zu werden.
„Ist es nicht verrückt, dass wir dadurch, andere beeindrucken zu wollen, eigentlich noch weniger enge authentische Beziehungen aufbauen?“
Das Resultat ist, dass viele oberflächliche Freundschaften mit dieser Haltung aufgebaut werden können, aber die wichtigen, tiefsinnigen zwischenmenschlichen Beziehungen bleiben meist aus, weil man zwar von allem etwas ist, aber sich zu keiner Eigenschaft richtig bekennt. Dadurch weiß weder die Person an sich noch die umgebenden Menschen, wer sie wirklich ist.
ist also, weniger darüber nachzudenken was Andere möchten, sondern was du willst. Du wirst dadurch nicht nur selbstbewusster werden, sondern auch glücklicher. Man fühlt sich erfüllt und ist nicht auf der Suche nach Bestätigung von Anderen. Das Leben ist so kurz, um das eigene Leben, nach den Vorstellungen von teilweise fremden Tamilen zu richten.
Viele würden jetzt den Verruf der eigenen Familie oder sich selbst ins Spiel bringen. Das sind Gründe, die meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß sind. Und die Frage ist doch:
„Will man wirklich von Menschen gemocht werden, die sonst die ganze Familie schlecht reden, weil man sich anders verhält?“
Ist das eigene Glück es wirklich wert für solche Menschen hinten angestellt zu werden? Meine Antwort ist Nein. Mittlerweile habe ich das Selbstbewusstsein zu sagen, entweder soll mich jemand dafür mögen, wer ich bin oder die Person soll fern bleiben. Diese Haltung muss man erst entwickeln und das ist ein Prozess, der viel Mut erfordert aber schlussendlich glücklich macht.
In meinen Augen ist es wichtig, stets Rücksicht auf den engsten Kreis zu nehmen, denn das Leben ohne Gemeinschaft ist unvorstellbar, aber fremde, irrelevante Menschen sind mir schon lange egal – ich bin es ihnen in den meisten Fällen auch. Finden sie mich unsympathisch, werden sie so oder so über mich reden. Ich muss nicht allen gefallen und das ist auch nicht mein Ziel.
„Be who you are and say what you feel because those who mind don’t matter, and those who matter don’t mind.” — Dr. Seuss
Bild („Travellers. Jaisalmer.“) unter Creative Commons Lizenz von Nevil Zaveri
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