Wir planen unser Leben, wissen schon manchmal, was in 2 Monaten sein wird und so war es auch bei mir. Als ich am 1. März meinen neuen Job bei der Krankenkasse begonnen habe, war mir nicht bewusst welche Früchte das Coronavirus tragen wird. Ja, ich hatte mitbekommen, dass die Stadt Wuhan (China) im Kampf mit einem neuartigen Virus war. Aber, dass dieses auch einschneidende Auswirkungen auf mich und mein Leben haben wird, habe ich zu dem Zeitpunkt nicht erwartet. Dieser Artikel ist kein Ruf nach Mitleid, sondern ich möchte vielmehr zeigen, dass wir alle mehr oder weniger von der Corona Krise betroffen sind.
„You are not alone“
1,5 Jahre. Das ist die Zeit, in der ich einen Job gesucht habe, der zu meinem Studium der Prävention und Gesundheitspsychologie passt. Dann war der langersehnte Tag da. Der 01. März – mein neuer Job als Projektmitarbeiterin im Kompetenzteam Medizin. Als ich im Januar die Zusage zu dieser Stelle erhielt, schien die Welt noch in Ordnung. Ich stellte mir vor, wie glücklich ich mich schätzen durfte, endlich meinen beruflichen Traum erfüllt zu haben.
Doch statt einem geschmeidigen Start warteten große Herausforderungen. Es gilt Kontakte zu minimieren, gar zu vermeiden. In einem neuen Aufgabenfeld ein Alptraum – aber dank lieber Kollegen und viel Eigeninitiative habe ich mich mittlerweile verhältnismäßig gut in meinem Fachgebiet eingefunden. Und das ist, was ich in den letzten Tagen vermehrt zu spüren bekommen durfte – Zusammenhalt.
Seit Oktober letzten Jahres planen mein Mann und ich unsere hinduistische Hochzeit und die dazugehörige Reception-Feier. Jeder, der schon einmal ein oder mehrere Feste auf die Beine gestellt hat, weiß wie schwer es ist, so etwas auf die Beine zu stellen. Es ist nicht nur eine Herausforderung, die passenden Dienstleister zu finden, sondern auch alle Beteiligten so aufeinander abzustimmen, dass ein rundes Bild entsteht.
Wenn ich als Braut 2 Monate vor der Hochzeit mitbekomme, dass Kontaktverbote, Personenbegrenzungen und ähnliches getroffen werden, um die Bevölkerung zu schützen, dann bekomme ich Angst. Ich muss sagen, dass bei mir vor allem die Sorge um meine Mitmenschen vorherrscht. Wir haben alle den ein oder anderen Elternteil, der eine chronische Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck hat. Wenn Personen aus so genannten Risikogruppen auf junge, gesunde Menschen treffen, bei denen unter anderem ein Infekt symptomlos verlaufen kann, ist die Gefahr groß, dass sich die Geschwächten anstecken. Dass ich jemandem dieser Gefahr ausgesetzt habe, obwohl ich wusste, dass in dieser Phase das Ansteckungsrisiko groß ist, könnte ich mir nie verzeihen.
Klar würden jetzt einige sagen, dass jeder selbst die Verantwortung dafür trägt, ob er oder sie solche Veranstaltungen besuchen möchte, aber ich denke, dass wir diese Verantwortung nicht ganz abgeben können, sondern auf uns und unsere Mitmenschen achten müssen – gerade in Zeiten wie diesen.
Im Gegensatz zu dem, was auf der Welt passiert, scheinen unsere Probleme gerade klein. Aber ich möchte auch vor Augen führen, dass es menschlich ist, dass wir uns unser Leben zur aktuellen Zeit anders vorgestellt haben. Dafür muss sich keiner schämen.
„Es liegt aber genauso an uns, so flexibel wie möglich auf die aktuellen Ereignisse zu reagieren, Verantwortung zu übernehmen und aufeinander Acht zu geben.“
Dazu gehört es auch für mich, meine Freunde und meine eigene Familie für die nächsten Tage – Wochen nicht zu besuchen. Das mag zwar drastisch klingen, aber in Verhältnis dazu, was wir damit mitunter sogar vermeiden, ist dies nur eine Kleinigkeit. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir als Menschen vergessen haben, selbst zurückzustecken, damit es Anderen gut geht. Jeder sollte selbst entscheiden, wie konsequent er oder sie Kontakte vermeidet.
Trotzdem möchte ich, dass sich alle kurz die Kette, die an diesen Entscheidungen dranhängt, kurz verinnerlichen. Leider ist es nicht mehr wie vor einigen Wochen, dass der Besuch bei der besten Freundin abends zum Essen einfach nur der Besuch ist, sondern es geht darum, dass man potenziell das Coronavirus – gerade im engen Kontakt – überträgt und diese dann noch weitergetragen werden. Bei der steigenden Anzahl der Infizierten, ist es nicht abwegig, dass wir selbst in Kontakt mit dem Erreger kommen. Die Einstellung „Mich trifft es sowieso nicht“ kann daher vergessen werden.
Wir haben uns gesagt, dass wir die kommenden Wochen abwarten und flexibel entscheiden, wie wir mit unserer Hochzeit verfahren. Bis dahin gilt Planungsstopp. In solchen Zeiten Einladungen zu versenden, ist makaber. Es wäre natürlich schön, wenn alles wie geplant stattfinden kann, aber uns bringt es auch nichts, eine Hochzeit zu feiern, bei der die meisten aus Vorsicht vor Corona wegbleiben müssen, nicht aus dem Ausland einreisen können oder wir als Paar die Zeremonie bis zur letzten Minute ängstlich vollziehen. Die Liebe an diesem Tag zu zelebrieren, heißt auch die Liebe zu unseren Familien zu würdigen.
„Und welch schöneren Ausdruck der Liebe als Nachsicht könnte es geben?“
Foto: Kim Kärger Photography (unbezahlte Werbung)