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Ihr blaues Auge sei ein „Unfall“ gewesen sagt sie. Sie sei die Treppe runtergestürzt, nachdem sie frisch gewischt habe. „Ach ich Trottel“ fügt sie noch mit einem zögerlichen Lächeln hinzu. Einerseits will die genannte Frau die Harmonie der Familie aufrechterhalten, aber auch die Harmonie in sich selbst und beginnt daher, die Taten ihres Partners schön zu reden oder zu rechtfertigen. Falls sie sich traut darüber zu reden, kommt es darauf an, welcher Person sie begegnet.
„Er wird sich noch ändern – gib ihm etwas Zeit“
wird ihr manchmal gesagt. Als er dann zum 28. Mal in ihr Gesicht schlägt, weil sie ihre Stimme gegen ihn erhoben hat, sagt sie immer noch es sei ein „Unfall“. Hätte sie beim Betreten der Treppe mal vorher nicht gewischt. „Er macht das wieder gut“ meinte er doch. Also gibt es heute zum 28. Mal einen Strauß Rosen und der Alptraum beginnt von vorne, übermorgen.
Dieser Artikel ist kein „Wir Frauen haben es so schwer – bitte helft uns“ – Beitrag oder der Text einer Feministin, die kurz männerhassend in eine Fantasiewelt abdriftet. Vielmehr soll er auf die Missstände in der Gesellschaft bezüglich der Geschlechter unabhängig von der ethnischen Herkunft aufmerksam machen. Mir ist bewusst, dass Männer nicht die Verbildlichung des Bösen sind. Es ist eher das gesellschaftlich geprägte Bild. Das Bild, dass sich eine Frau ihrem Schicksal hingeben muss und keine Wahl hat. Keine Wahl, dem zu entkommen, was sie zerstört. Hingabe und Aufopferung sind typische Attribute, die mit Frauen in Verbindung gebracht werden.
Es ist nichts Verwerfliches dran, solange es ihr nicht selbst schadet. Mir ist bewusst, dass selbst Frauen sich gegen die Freiheiten von anderen Frauen aussprechen können. Die Gegner des Feminismus sind nicht die Männer, sondern die Personen, die nicht anerkennen möchten, dass eine Frau mehr als ein passives Glied der Gesellschaft ist.
Kennt ihr den Begriff „Mikroaggression“? Es ist ein gut bekanntes Phänomen aus der Sozialpsychologie. Es beschreibt kurze, aber offensiv formulierte Worte, Sätze oder Abschnitte mit dem Ziel jemanden anderes abzuwerten, der zu einer anderen Gruppe gehört als der Nachrichten-Sender. Um ehrlich zu sein ist die Linie dünn, die durch einen Feministen leicht überschritten werden kann. Viele Männer fühlen sich durch Texte, die die Benachteiligung der Frauen beschreiben, angegriffen und ich kann das verstehen. Die Kunst ist es, auf gesellschaftliche Probleme hinzuweisen ohne „mikroaggressiv“ zu werden. Aber es hängt auch vom Leser ab, wie er die Botschaft wahrnimmt.
„Ich möchte vor allem hervorheben, dass Feminismus nicht die Unterdrückung des Mannes bedeutet, sondern die Frau den Zugang zu denselben Rechten und Privilegien erhält. Meine Auffassung des Feminismus ist kein Kampf gegen den Mann, sondern gegen die gesellschaftlich angesehene Ungleichheit. Zudem möchte ich diejenigen Lebensbereiche hervorheben, in denen die Frau der „Mikroaggression“ begegnet – einer Form der Diskriminierung.“
Das typische Gesicht einer Feministin, das viele vor Augen haben, ist die einer wütenden Frau, die ihren eigenen Sohn abtreiben würde, aber Feminismus hat mehrere Gesichter. Gesichter wie die des tamilischen Autors Bharathiyar oder der pakistanischen Freiheitsaktivistin Malala Yousafzai. Sie beide kämpften oder kämpfen dafür, was bis heute immer noch nicht ganz angesehen ist:
„Chancengleichheit und die Freiheit, selbst zu entscheiden.“
Es ist an der Zeit aufzuhören, Frauen in die Feministen-Schublade zu stecken, sobald einem die Ansichten nicht passen und sie damit mundtot zu machen.
„It’s time to speak up“
Diese Bewegung ist mittlerweile fortgeschritten. In wissenschaftlichen Texten sollen wir hierzulande gendern, es gibt Frauenparkplätze und mehr. Ich vertrete nicht alle Komponenten der Bewegung, aber die, die ich im Folgenden erläutern werde.
An keinem Tag wie sonst steht die Gleichberechtigung von Mann und Frau so im Fokus wie am heutigen internationalen Weltfrauentag. Am 8. März jeden Jahres wird die Bewegung, die erstmals 1909 in den USA aufgeflammt ist, weitergeführt. Schon bald schwappte die Bewegung auch auf Europa über hat zum Ziel, sich für die Gleichberechtigung beider Geschlechter einzusetzen. Rechtlich ist die Gleichbehandlung von Mann und Frau in Artikel 15 der UN-Frauenrechtskonvention festgelegt. In Ländern wie Armenien ist dieser besondere Tag sogar als Feiertag anerkannt.
Obwohl der Ursprung mehr als hundert Jahre zurückliegt und die Frauenrechte sogar rechtlich vorgeschrieben sind, gibt es in keinem Land der Welt eine nachgewiesene Gleichberechtigung beider Geschlechter. Es scheint immer noch sehr schwer zu sein, eine gleichmäßige Verteilung von Frauen in allen Lebensbereichen durchzusetzen. Während im Westen unter anderem eher für Frauenquoten in Führungspositionen oder der Regierung gekämpft wird, haben östliche Staaten immer noch Probleme Bildungschancen für alle und das Frauenbild anzuerkennen.
Während wir als junge Mädchen mit Barbies spielten, bekamen die Jungs die ferngesteuerten Autos in die Hand gedrückt. Das saubere Kleidchen im Sandkasten beschmutzen? Undenkbar für ein Mädchen. Während der Junge mit den Schlammflecken auf seiner Kleidung nach Hause kommt, hat das Mädchen höchstens einen Marmeladenfleck vom Frühstück auf ihrem rosa Kleidchen. Sehr klischeehaft diese Darstellung, aber hat euch das Lesen dieses Absatzes nicht auch beruhigt? Ja, teilweise habt ihr euch sogar selbst wiedergefunden? Nicht schlimm, denn das ist das Bild was uns unabhängig von der Kultur über Frauen und Männer vermittelt wird.
Wir sind von klein auf so aufgewachsen. Für Mädchen gibt es rosa, für die Jungs blau. Ich werde es später vermutlich nicht anders machen. Aber diese Tatsache führt uns doch vor Augen, dass wir ab unserem ersten Atemzug mindestens einer Kategorie zugehören – die des männlichen oder weiblichen Geschlechtes.
Bild („Indian woman“) unter CC Lizenz von Prabhu
Die Differenzen zwischen Mann und Frau sind quasi biologisch veranlagt. Ich glaube daran, dass wir Frauen von Natur aus dafür geschaffen sind, bestimmte Rollen zu erfüllen. Was mich allerdings stört ist, dass es manchmal so erscheint als wäre es ein MUSS so zu sein wie es Andere gerne hätten. Was passiert aber, wenn wir das MUSS durch ein KANN ersetzen?
„Sollten wir nicht jeder Frau die Freiheit gewähren, selbst zu bestimmen, wer sie sein möchte?“
Klassische biologische Ungleichheiten wie die Menstruation, eine Schwangerschaft oder der Körperbau sind nicht zu verleugnen. Allerdings wird eine Frau, die sich mehr auf ihre Karriere konzentriert, schnell als „maskulin“ gesehen. Wieso? Karriere ist eine persönliche Wahl und welches Geburtsrecht beansprucht dieses Privileg nur für die Männer? Die biologische Kompatibilität ist notwendig, um die eigenen Gene weitergeben zu können. Doch wie ist es möglich, dass wir uns darauf beschränken und nicht den Blickwinkel erweitern?
„Zu einem Menschen gehören mehr als seine biologische Veranlagung. Er ist eine Zusammensetzung aus biologischen, psychologischen und sozialen Aspekten.“
Wie oft bekommt man mit, dass eine Frau sich zu benehmen hat? Treten Familienprobleme, sogar eine Scheidung auf, wird die Schuld meist bei ihr gesucht.
„Ava nalla aadakaari“ („Sie ist eine aufmüpfige Person“)
heißt es dann. Aber was heißt es, dass sich eine Frau zu benehmen hat? Ich möchte mit diesem Text nicht sagen, dass derartige Situationen üblich sind oder alle Männer so sind wie im folgenden Text dargestellt. Jedoch kreieren unsere Stigmata gegenüber Frauen Probleme, wo keine Probleme sein sollten. Selbst in der heutigen Zeit bekommt man oft das Gefühl vermittelt, dass eine Frau das Accessoire des Mannes ist. Nach dem Motto: „Mein Haus, mein Job, meine Frau.“ wird sie wie ein Punkt auf der To-Do-List abgehakt.
Ein Besitz, etwas was sich von der besten Seite zeigen sollte, damit es ja keine negative Aufmerksamkeit, schon gar nicht Kritik für den Mann absahnt. „Was für eine hast du dir denn da in das Haus geholt?“ – ein Satz, den kein Mann hören will. Versteht mich nicht falsch, denn auch wenn ein Mann sich daneben benimmt, werden wir Frauen darauf angesprochen. Was aber den Unterschied ausmacht ist, dass wir Frauen euch Männer nicht als Besitz sehen. Auch wenn es nicht bewusst so gehandhabt wird, wird den Männern meist ihre Individualität gegönnt. Während wir Frauen, sobald wir eine unsichtbare Grenze überschreiten, in eine negative Schublade gesteckt werden.
Was vielen nicht bewusst ist, dass durch die Änderung des Frauenbildes, sich auch das Bild über den Mann wandelt. Emotionen sind beispielsweise immer noch tabu in der Männerwelt, was zur Folge hat, dass immer mehr Männer depressiv werden und sogar Selbstmord begehen. Mit der Bekämpfung des Stigmata’s helfen wir auch Männern, sich zu öffnen. Damit bekommen auch sie die Chance bekommen zu wählen, wer sie sein und wie sie ihre Emotionen ausleben möchten.
Ein extremes Beispiel, was ich mal selbst in einem Artikel gelesen habe ist, dass eine Frau dafür beschuldigt wurde, vergewaltigt worden zu sein. Es ist nicht nur schrecklich, dass sie diese grausame Tat erleben musste, sondern auch noch die Schuld dafür aufgebunden bekommt.
„Hättest du dich etwas geschlossener angezogen, dann wäre das nicht passiert“ , „If you dress like that, you’re asking for it“ oder „Wer soll dich denn noch heiraten?“
sind nicht seltene Kommentare. Dass der Kleidungsstil nicht mit einer Provokation zum sexuellen Übergriff zu tun hat, sondern mit der inneren Haltung des Mannes, stellte unter anderem die amerikanische Fotografin Katherine Cambareri in ihrer Abschlussarbeit dar. Sie forderte über soziale Medien Opfern sexueller Gewalt auf, ihr die Kleidungsstücke zukommen zu lassen, die sie im Moment des sexuellen Übergriffs trugen. Anschließend fotografierte sie diese. Es kam schnell heraus, dass von einem geblümten Top bis zu einer Jogginghose alles dabei war. Die Botschaft, die sie vermitteln wollte war klar:
„Urteilt nicht leichtfertig über den Grund einer solch grausamen Tat.“
Hier geht’s zum Originalartikel und der Fotostrecke.
Ein aktuelles Beispiel sind die Vorwürfe der sexuellen Übergriffe durch bekannte Persönlichkeiten dar. Bemerkungen wie „Die wollen doch nur die Karriere des Mannes zerstören“ oder „Die wollen doch nur Aufmerksamkeit“ sind nicht selten. Gerade deshalb suchen Opfer von sexuellem Missbrauch sehr oft die Schuld bei sich. Fragen wie
„Hätte ich etwas anders machen können? Hätte ich es vermeiden können? Habe ich es provoziert?“
schießen einem jungen Mädchen oder eine Frau durch den Kopf. Beschämt ziehen sie sich in ihr dunkles Loch zurück. Zu beschämt um ihre Stimme gegen das Unrecht zu erheben, das ihnen angetan wurde. Für dieses gesamte Phänomen gibt es sogar mittlerweile das Wort „Victim Blaming“.
Als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin kann ich viele Geschichten erzählen, darunter auch viele traurige Geschichten. Männer, die aufbrausend sind, die eine gewalttätige Aura ausstrahlen, daneben die Frau, die total verängstigt neben ihm sitzt und sich nicht traut etwas zu sagen. Lässt sich das Opfer der häuslichen Gewalt dann eines Tages ermutigen in ein Frauenhaus zu gehen oder sich scheiden zu lassen, ist sie die „Aadakaari“ („Aufmüpfige“), die sich aufbrausend gegenüber ihrem Mann verhalten hat und jetzt dafür die Quittung erhalten muss.
„Wer redet wie ein Mann, wird geschlagen wie ein Mann“
heißt es dann. Es ist nicht nur besorgniserregend, dass auf die Frau geschielt wird, sobald die Harmonie der Familie zerbricht, sondern dass Frauen sogar durch das gesellschaftlich geprägte Bild, irgendwann dies sich selbst einreden. Sie fühlen sich dafür schuldig, was passiert ist. Geschrumpft in ihrem Selbstwert und Selbstbewusstsein, sind sie die letzten, die an sich glauben.
Da ist es nicht verwunderlich, dass nach einer EU Studie aus dem Jahre 2014 nur 16% der körperlichen oder sexuellen Gewalttaten gegen Frauen zur Anzeige gebracht werden, oder? Laut dem Landeskriminalamt Niedersachsen sind es im Jahr 2014 sogar nur 7% der Fälle, die polizeilich bekannt wurden. Viele der Frauen schämen sich, versuchen, das was passiert ist, im Verborgenen zu halten, um nicht ihrem Ansehen und vielleicht das ihrer Kinder, zu schaden. Vernachlässigt werden sollte nicht, dass auch Männer unter zunehmender häuslicher Gewalt leiden. Im Jahr 2014 erlebten in Niedersachsen rund 3% sehr schwere körperliche Gewalt während die Zahl der Frauen hier bei 8% liegt.
Bild („i put my hands around your neck…“) unter CC Lizenz von zippythesimshead
Ich habe vor Jahren einen interessanten Podcast auf Englisch gehört, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe. Der Inhalt war so gut, dass er bis heute hängen geblieben ist. Und zwar hat ein Mann selbst darüber geredet, wie die Rollenverteilung zu Hause sein sollte. Er beschrieb seine Frau zwar als Ruhepol, aber auch als jemanden, der seine eigenen Ziele und Träume hat. Sein zentraler Standpunkt war
„Es liegt in der Hand eines Mannes wie ausgeglichen sein Zuhause ist.“
Er begründete das damit, dass eine Frau zwar ihre Rolle in der Familie hat, aber es an dem Mann liegt, diese Rolle auch anzuerkennen und ihr die angemessene Wertschätzung dafür entgegen zu bringen. Das hat mich so begeistert, dass ich heute noch denke, dass es nicht nur drauf ankommt, wie sich eine Frau „benimmt“, sondern auch wie ein Mann sie dafür anerkennt. Es ist eine wechselseitige Beziehung und das vergessen viele Menschen. Ein Mann, der seine Frau nicht wertschätzt und im Gegenteil sogar schlecht behandelt, hat einen großen Teil dazu beigetragen, dass sein Zuhause zerbricht.
„Es ist daher an der Zeit aufzuhören, mit dem Finger auf die Frau zu zeigen, sobald sie misshandelt oder verlassen wird.“
Wir müssen wieder lernen zu hinterfragen, wie es so weit kommen konnte und nicht, was die Frau hätte besser machen können, damit es nicht so weit kommt.
Feminismus ist teilweise negativ behaftet, da sie nicht zuletzt mit einer offenen, aggressiven Strategie versucht hat, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Wie ich am Anfang angeschnitten habe, vertrete ich nicht alle Bereiche dieser Bewegung. Wie bei jeder Lebenseinstellung hängt es von uns ab in welche Extreme oder in welchen Bereich dazwischen wir uns einordnen. Aber wir sollten nicht vergessen, dass Feminismus auch heißt, einer Frau die Bildungsmöglichkeiten zu bieten, die ihr gleichaltriger Schulkamerad hat oder sie davor zu wahren, sexuell verstümmelt zu werden. Wie weit die Umverteilung der Rollen in das eigene Leben greift, ist die Entscheidung des eigenen Wohlbefindens.
Die Frauenbewegung hat so gesehen einen guten Zweck. Sie möchte die Rechte der Frauen, die schon lange gesetzlich festgeschrieben sind, durchsetzen. Kurz gesagt: Sie möchte, dass jede Frau die Möglichkeit hat, selbst zu wählen, welchen Weg sie gehen möchte und nicht einem System unterworfen wird, das ihr vorgibt, wie sie zu sein hat.
Hinzu kommt, dass Frauen, die ihre Freiheiten und eine Gleichstellung erkämpfen wollen als „zu modern“ oder „unartig“ gesehen werden. Als Frauen, die die Kultur und das, was unsere Eltern eigentlich mitgeben wollen, beschmutzen möchten. Sie trinken gerne, feiern und machen all das, was unsittlich ist. Aber Feminismus ist keine Reihe an widersprüchlichen Verhaltensweisen, sondern eine Lebenseinstellung. Eine grundsätzliche Sichtweise auf das Leben, die sich durch unser ganzes Leben zieht. Die Inanspruchnahme dessen, selbst entscheiden zu dürfen – sei es wann eine Frau heiraten oder wie sie ihre Karriere ausbauen möchte.
„Eine Befreiung von den Vorschriften, die ihr diktieren wie sie ihr Leben zu führen hat.“
Und das kann eine Frau oder Mann sein, die gut integriert sind, aber es kann ebenso meine Tante aus Sri-Lanka sein, die zwar eine ganz andere Kultur als ich genießen durfte, aber Chancengleichheit als ein genauso wichtiges Gut erachtet wie ich. Feminismus ist kein „westlicher Bullshit“, feminin oder von der Hautfarbe abhängig. Die Bewegung hat nichts mit dem Lebensstil, sondern eher damit zu tun, wie wir uns mit uns selbst und der Umwelt auseinandersetzen.
Bild („our right to decide“) unter CC Lizenz von Louisa Billeter
Was mich insbesondere stört ist eine neue Form des „Victim-Blaming’s“. Feministische Frauen seien Schuld an den erhöhten Scheidungsraten, den zerbrochenen Familien und dem Zusammenbruch der gesellschaftlichen Strukturen. Aber ist es nicht eher so, dass Frauen sich immer mehr trauen, etwas zu sagen und für ihr Recht einzustehen und es manche Mitmenschen verfehlen, sich dem anzupassen? Wieso würde eine Frau einen Mann verlassen, der sie gut behandelt?
Wieso fürchten so viele Menschen, die Freiheiten der Frau? Befürchten sie, dass sie die gesellschaftlichen Standards neu definieren müssen oder, dass sie nicht mehr das Privileg haben, aus der Ungleichheit der Frau keine Vorteile mehr ziehen zu können?
Scheidungsraten steigen, das stimmt. Es geht nicht darum, Frauen Mut zuzureden, alles hinzuwerfen sobald sie unzufrieden sind. Es geht eher darum, ihnen Mut zu machen, sich auch gegen eine Ehe oder Beziehung entscheiden zu dürfen, wenn ihnen selbst untragbares Leid angetan wird. Kurz gesagt: „Dass sie die Wahl haben und diese Wahl nicht automatisch durch ein toxisches Ehebündnis limitiert ist.“ Gleiches gilt auch für den Mann – eine Beziehung, egal welcher Art, erfordert immer gegenseitiges Investment und andauernde Begeisterung füreinander.
Noch immer werden Frauen in der gleichen beruflichen Position weniger bezahlt als Männer. Zudem wird es weiterhin als selbstverständlich gesehen, dass die Frau ihre Karriere während der Familienplanung auf Eis legt und sich Jahre auf die Familie konzentriert. Die klassische Rollenverteilung ist noch weit verbreitet. Mir ist bewusst, dass es selbst einige Frauen gibt, die eine Gleichberechtigung von Mann und Frau in allen Lebensbereichen ablehnen. Ich selbst finde es z.B. wichtig, dass eine Frau die ersten Lebensjahre eines Kindes eine große Rolle in der Erziehung spielt.
Wie letztendlich jede Frau ihre Rolle auslebt ist ihre eigene Sache – und nicht die der Gesellschaft. Frauen sollten nicht mehr durch ihre Umgebung in ihrer Freiheit eingeschränkt werden. Ich denke von einer Chancengleichheit können wir profitieren, da Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht ihre Talente einbringen und die Gesellschaft bereichern können.
„Daher sollte Frauen öfter das Gefühl vermittelt werden, dass sie tatsächlich die Möglichkeit haben zu wählen und nicht sich dem anpassen müssen, was ihnen geboten wird. Und noch wichtiger ist, dass jede Frau für ihre Entscheidungen respektiert wird.“
Die Gesellschaft – und damit sind sowohl Männer als auch Frauen gemeint – sollte jeder Frau die Chance geben, das Beste aus sich herauszuholen und dem zu entkommen, was ihr schadet. Was wir nie vergessen sollten ist, dass wir alle ein Teil der Gesellschaft sind und wir bei uns selbst anfangen sollten. Der falsche Weg ist, die Frau für gesellschaftliche Probleme verantwortlich zu machen. Stattdessen sollten wir zusammenarbeiten und präventiv Bewusstsein schaffen.
Bild („Unisex“) unter Creative Commons Lizenz von Bart Everson