Wenn wir an Pongal (auch unter „Ulavar Thirunaal“ im tamilischem bekannt) denken, steigt uns der Duft von süß gewürztem Reis (auch „Pukkai“ genannt) in die Nase. Wie ein kleines Kind freuen wir uns auf die von unseren Müttern zubereitete Speise, die es sonst selten bis gar nicht im Jahr gibt. Die Mischung aus Reis, Milch, Zucker und Gewürzen – eventuell noch Nüssen und Rosinen – wird gekocht und hiernach kalt oder warm gegessen (Rezept*).
Pongal bedeutet übersetzt etwa „überkochen“. Der Name kommt etwa daher, dass die Milch bei der Zubereitung der gleichnamigen Speise überschäumen gelassen wird. Während es in Südindien und Sri-Lanka tatsächlich „Pongal“ heißt, ist das Fest in den restlichen Teilen Indiens unter „Makar Sankranti“ bekannt. In Punjab wird es „Lohri“ und „Bihu“ in Assam genannt. Von Tamilen aus aller Welt (Indien, Sri-Lanka, Malaysia, Europa, Canada etc.) wird dieses Fest Mitte Januar (dieses Jahr vom 14.-17.) jeden Jahres zelebriert.
Vergleichen kann man diesen Anlass mit dem Erntedankfest oder dem Thanksgiving, denn über vier Tage werden verschiedene Beteiligte der Ernte verehrt. Besonders ist dieses Fest gerade in den tamilisch sprachigen Gebieten, da dort die Landwirtschaft noch eine traditionelle Bedeutung hat, da die Hauptnahrungsquelle aus dieser stammt. Fährt man durch Sri-Lanka begegnet man beispielsweise frei laufenden, gebrandmarkten Rindern – ein Bild, dass man hier nicht sieht.
Bild: gebrandmarkte Rinder am Strand (© Vijitha Vijay)
Reis ist zudem dort mit dem „täglichen Brot“ der westlichen Welt vergleichbar. Kaum ein Tag vergeht ohne, dass Reis gegessen wird. Der erste Tag selbst wird als Beginn der Sonnenwende gesehen, das heißt die Sonne beginnt wieder in Richtung Norden aufzugehen. Von den Angehörigen der Kultur wird diese Hälfte das Jahres daher als glücksbringend empfunden.
An diesen besonderen Tag wird das ganze Haus wird mit Blumen und der Hauseingang mit einem symmetrischen Gebilde („Kolam“- bestehend aus weißem und/ oder gefärbtem Reismehl oder anderem Pulver) dekoriert, die Familie kommt zusammen und man geht, wenn es passt, in den Tempel. Das Kolam selbst hat unter anderem die Bedeutung, Gäste willkommen zu heißen und Böses fernzuhalten.
Bild („L’art du Kalam (Inde du sud)“) von einem „Kolam“ (unter Creative Commons Lizenz von Jean-Pierre Dalbéra)
Das Wort „Thai“ (oder auch „Tai“) ist nach dem zehnten Monat des tamilischen Sonnenkalenders benannt. Durch die versetzte Gestaltung fällt der erste Tag des Thai Monats („Thai Pongal“) auf den 14. oder 15. Januar des gregorianischen, den uns bekannten, Kalenders. Es wird angenommen, dass der Ursprung des Brauches Jahrhunderte oder gar Jahrtausende zurück liegt. Während dieser Tage wird üblicherweise vegetarisch gegessen und viel Pongal verzehrt. Schulen, Behörden und viele Arbeitsstellen haben zumindest am 14. Januar aufgrund des nationalen Feiertages geschlossen, um das Zusammenkommen der Familien zu erleichtern.
Zwar steht die Sonne als Symbol für den Ursprung des Lebens im Zentrum der Dankbarkeit, aber an jedem der vier Tage wird ein anderer Beteiligter der Ernte geehrt.
Am ersten Tag („Bhogi“) wird die Gottheit des Regens und der Wolken „Indra“ geehrt. Einen Tag vorher kommt schon die Familie zusammen, reinigt das Haus und entfernt dabei alle unbrauchbaren Dinge. An dem Tag selbst stehen alle früh auf, waschen sich und der Hauseingang wird mit dem Kolam dekoriert. Ist das Feuer auf dem hauseigenen Grundstück gezündet, werden alle Dinge, die den Tag zuvor gesammelt wurden, hierher gebracht und ins Feuer geworfen – als Symbol dafür, sich von Altem zu trennen und offen für Neues zu sein.
An diesem Tag steht im Fokus, dem Regengott zu danken und auf eine reichhaltige Ernte für die kommende Saison zu hoffen. Mit der Ernte mit gesegnetem Farmerwerkzeug, wird der Erde und der Sonne gedankt.
An diesem Tag wird das allseits bekannte Gericht „Pongal“ gekocht. Auf einer Feuerstelle inmitten des lichtdurchfluteten Hofes wird das Gemisch aus Reis, Milch, Palmzucker und Gewürzen so lange erhitzt bis es überkocht. An diesem Punkt rufen alle versammelten Familienmitglieder „Pongal, oh Pongal“.
Durch das Überkochen soll das Glück und der Überschuss dargestellt werden. Bevor die anwesenden Personen das Gericht verzehren dürfen, wird es dem Abbild von Sonnengott Surya serviert. Hiernach besuchen sich die Familien gegenseitig und wünschen sich für das kommende Jahr eine erfolgreiche Ernte. Vor dieser gesamten Zeremonie nimmt jedes Familienmitglied ein Bad und betet zum Sonnengott „Surya“. Mit diesem Tag soll daran erinnert werden, das der Ursprung allen Lebens aus der Sonne entstammt.
Dieser Tag wird den Nutztieren wie den Kühen, Rindern und Ochsen gewidmet. Aus diesem Anlass werden die Tiere gebadet und ihre Hörner und Hälse festlich mit Blumen, Girlanden und Glocken geschmückt. Hiernach werden sie verehrt, es werden Zeremonien betrieben, um ein schlechtes Omen von ihnen fernzuhalten und abschließend werden sie durch die Stadt geführt, damit jeder ihre Pracht betrachten kann. Das zubereitete Pongal wird zuerst den Kühen und danach den anderen Tieren angeboten.
Im Zentrum steht an dem heutigen Tag, den Tieren für ihre Hilfe bei der Ernte zu danken. Einerseits soll daran erinnert werden, dass sie einen Teil unsere Nahrungsmittel wie Milch produzieren aber auch durch körperliche Kraft die jährliche Ernte vorantreiben.
Früher war es an dem Tag üblich, dass sich die im Heiratsalter befindenden Mädchen und Jungen zum Flussufer gingen, um einen potenziellen Partner für sich zu finden.
Heutzutage ist das Augenmerk auf soziale Kontakte gerichtet. Die Familien holen ihre besten Kleidung aus den Schränken oder holen sich den neusten Trend frisch aus der Stadt, machen sich zurecht und besuchen andere Familien. Es bietet die Möglichkeit, aus dem hektischen Alltag auszubrechen und sich Zeit für besondere Aktivitäten zu nehmen. Zuvor wird das morgendliche Baderitual vollzogen, die Sonne verehrt und Pongal gegessen. Dieses wird auch den Göttern angeboten.
Gebetet wird an diesem Tag viel, damit die kommende Ernte positiv ausfällt. Besonders wichtig ist, dass nach diesem Tag Pongal übrig bleibt, damit der Überschuss der Ernte symbolisch vorausgesagt werden kann.
Eine besondere Anerkennung für das tamilische Erntedankfest ist die Ankerkennung des US-Staates Virginia im Jahr 2018. Durch die wachsende Bevölkerungsdichte an Tamilen dort, ist die Erklärung des Pongalfestes als Feiertag in den Augen des Senats als ein Zeichen der Akzeptanz und Anerkennung der kulturellen Vielfalt anzusehen.
Auch vom kanadischen Premierminister Justin Trudeau gingen letztes Jahr Bilder umher, wie er in traditioneller Kleidung sich an Pongalzeromonien beteiligt. Dies sind nur zwei positive Beispiele für die internationale Wertschätzung tamilischen Erntedankfestes. In diesem Sinne wünsche ich euch und euren Familien ab morgen
„Ein gesegnetes und frohes Thai Pongal!“
Bild („Happy Pongal Wishes“) unter Creative Commons Lizenz von Nithi Anand
Ergänzende Quellen:
Tamilisches Erntedankfest: Pongal
Pongal Festival: Significance of Customs and Traditions
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